Die Doppel- und Tripelpfeifen

 

Jede Blockflöte kann über die Grifflöcher verschieden hohe Töne anspielen. Bei Orgeln werden die Pfeifen grundsätzlich nur jeweils für einen Ton gebaut und klingend gemacht. Theoretisch wäre es natürlich ebenfalls möglich, neben dem Hauptton noch weitere Töne über Grifflöcher anspielen zu lassen. Diese Grifflöcher aber mit entsprechenden Ventilen und Mechaniken an den Pfeifen anzubringen, ist aber wesentlich aufwendiger als einzelne Pfeifen zu bauen.

 

Wir haben aus dem Nachlass der Firma Schwenkedel in Strasbourg vier Holzpfeifen bekommen, die eine solche Einrichtung besaßen, so dass jede Pfeife in drei verschiedenen Tonhöhen klingen konnten. Die vier Pfeifen gehörten zu einem Subbass 16' von C-H, sind also sehr Platz sparend unterzubringen.

 

In der Zwischenzeit wissen wir auch, woher diese Pfeifen stammen. Sie wurden von der Firma Louis Debierre in Nantes gebaut, die wohl auch dieses Bauprinzip entwickelt hatte. Es gibt noch eine Reihe von Orgeln, in denen solche Pfeifen eingebaut sind, sowohl mit gedackten als auch offenen Pfeifen. Es ist selbstverständlich, dass es sich stets um große Pfeifen handelt, die aufwendig zu bauen sind und viel Platz brauchen. Durch die doppelte oder dreifache Tonentwicklung macht sich der Aufwand bezahlt, der geringe Platzbedarf ist ein Nebeneffekt dieser Bauart, der gerade beim Kleinorgelbau wichtig ist.



Debierre Tripeltonpfeife      linkes Ventil offen, rechtes Ventil geschlossen


Wie funktioniert eine solche Pfeife? Bei der offenen Bauart muss an der richtigen Stelle eine Öffnung in der Körperwand sein, vergleichbar einer Blockflöte mit Grifflöchern. Das "Griffloch" der Holzpfeife muss von außen durch ein Ventil geschlossen werden. Wird dieses Ventil geöffnet, erklingt die Pfeife einen Halbton höher. Durch eine weitere Öffnung an der richtigen Stelle klingt sie einen weiteren Halbton höher. Bei drei Tönen pro Pfeife erhält sie über drei Holzfüße von drei Seiten Wind, die unter dem Vorschlag durch Rückschlagklappen gegenseitig abgeschirmt sind. Diese Windzuführungen stehen mit den Ventilklappen im oberen Bereich des Pfeifenkörpers pneumatisch in Verbindung. Es klingen jeweils die Töne C + C# + D  miteinander, und D# + E + F  - -  F# + G + G# - - -  A + B + H.  Da es bei den tiefen Tönen normalerweise nie vorkommt, dass C + C#  oder auch C + D gleichzeitig gespielt werden, ist die mehrfache Verwendung der gleichen Pfeifen durchaus möglich.

 

Wie funktioniert dieses System bei gedeckten Pfeifen? Die zwei Nebentöne werden erzeugt durch entsprechende Öffnungen, die mit Rohren nach innen geführt werden. Es klingt also die Pfeife mit dem Normalton als reines Gedackt, der erste Nebenton klingt als Rohrflöte mit längerem Rohr, der zweite Nebenton klingt als Rohrflöte mit kürzerem Rohr.

 


Dieses Prinzip haben wir bereits mehrere Male in der Praxis mit sehr gutem Erfolg verwendet und werden es überall da verwenden, wo die Platzverhältnisse nur einen ganzen engen Aufbau zulassen. In der "Barock-plus-Romantik-Orgel" haben wir den Subbass 16' mit 6 Pfeifen von C-H an der Rückseite der Orgel hängen.